
Petition abgelehnt: keine easyvote-Broschüren
Jungen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern sollen einen einfacheren Zugang zu politischen Themen ermöglicht werden – Abstimmungsbroschüren könnten helfen, die politische Beteiligung von Jungen zu fördern. Eine Entsprechende Petition von Jungpolitiker Dominic Täubert an den Gemeinderat von Pfäffikon wird jedoch abgelehnt.
Stellungnahme von Dominic Täubert:
Stimmbeteiligung von Jugendlichen tief
Die nationale Stimm- und Wahlbeteiligung von jungen Erwachsenen liegt mit rund 30% meist deutlich tiefer als diejenigen älterer Generationen (fast 50%). Das vom Bund unterstützte Projekt easyvote möchte dem entgegenwirken. Der Grund für die tiefe Beteiligung liegt, gemäss einer regelmässigen Studie, nicht an einem tiefen Interesse an der Politik, sondern hauptsächlich an der Unverständlichkeit der Materie.
Petition eingereicht
Im Sommer 2019 reichte ich deshalb beim Gemeinderat Pfäffikon eine Petition ein, mit welcher ich die Gemeinde dazu aufforderte, mit die Abstimmungs- und Wahlbroschüren von easyvote für alle 18- bis 25-Jährigen Pfäffiker_innen zu abonnieren.
Die easyvote-Broschüren lassen sich als alternatives «Abstimmungs-Büchlein» für nationale und kantonale Abstimmungen und Wahlen beschreiben, welches sind an junge Erwachsene richtet und Abstimmungsvorlagen oder Wahlen einfach, verständlich und neutral erklärt.
Langfristiger Efekt
Wer früh mit Politik in Kontakt kommt und bereits in jungen Jahren sich im politischen Leben beteiligt, wird dies mit grosser Wahrscheinlichkeit auch noch später tun. Eine Investition in die politische Bildung und Partizipation der Jugend bedeutet langfristig eine Förderung der Demokratie, mit besserer Repräsentation, mehr Engagement der Bevölkerung am gesellschaftlichen Leben und weniger Engpässen für öffentliche Ämter.
Miliz-Demokratie stärken
Wenn man über die Gemeindegrenze hinaus schaut, erkennt man rasch die Wichtigkeit der Förderung von politischer Bildung und dem Einbezug von Jungen. Viele Gemeinden, als Beispiel auch unsere Nachbargemeinde Fehraltorf, haben grosse Schwierigkeiten Nachwuchs zu finden, um politische Ämter besetzen zu können. Unsere Demokratie und das Milizsystem erfordern heute Investitionen in diesem Bereich – ansonsten droht, dass immer mehr politische Ämter nicht mehr besetzt werden können oder gar das Schweizer Milizsystem nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, was zu einer schlechteren Repräsentation der Bevölkerung führt.
Gemeinderat lehnt ab
Der Gemeinderat behandelte meine Petition am 22. Oktober 2019 und kommt der Forderung nicht nach.
Im Protokoll der Sitzung anerkennt der Gemeinderat, dass die Abstimmungsunterlagen «oftmals kompliziert und wenig «bürgerfreundlich»» seien.
«nicht die Aufgabe der Gemeinde»
Trotzdem zieht sich der Gemeinderat aus der Verantwortung und argumentiert, dass «die verständliche und ansprechende Gestaltung der Abstimmungsunterlagen nicht die Aufgabe der Gemeinde sondern des Bundes und der Kantone» sei.
Keine 4’000 CHF für die Jungen
Auch die aktuell angespannte Situation der Gemeindefinanzen werden als Argument aufgeführt gegen die Petition, welche die Gemeinde jährlich rund 4’000 CHF für die ca. 1’000 jungen Erwachsenen bis 25 Jahren in Pfäffikon kosten würde. Wegen den Sparmassnahmen habe die Gemeinde «keinen Spielraum, Probleme zu lösen, die in die Verantwortung von Bund und Kanton» fallen würden.
Schade, dass der Gemeinderat einen Misstand zwar erkennt, aber lieber nichts dagegen unternimmt, obwohl es in seiner Möglichkeit liegen würde.
Fragwürdige Nutzenanalyse
Zudem zweifelt die Gemeinde an der Wirksamkeit der Broschüren und nennt dabei die Erfahrungen der Stadt Biel, welche für die letzten zwei Jahren keine klare Steigung der Stimmbeteiligung durch die Einführung der Broschüren feststellte. Obwohl der Erfahrungswert in Biel sehr klein ist, durch verschiedene Faktoren verzerrt werden kann und die Stadt deshalb selbst noch keine abschliessende Aussage über Nutzen oder Unnutzen der Broschüren treffen möchte, hält sich der Gemeinderat Pfäffikon nicht damit zurück, bereits vorschnell von einer tiefen Wirkung der Broschüren auszugehen. Dabei lässt der Gemeinderat ausser acht, dass mit einer Vergleichsstudie zwischen den Städten Luzern (mit Broschüren) und St. Gallen (ohne Broschüre) klare Hinweise zur Wirksamkeit festgestellt wurden. Zusätzlich zeigt eine Befragung in der Gemeinde Allschwil, dass 44.7% der befragten Jugendlichen angaben, wegen den easyvote-Broschüren häufiger an Abstimmungen teilzunehmen. Weiter zeigt eine repräsentative Umfrage unter Schweizer Schüler_innen, dass 88% der Jugendlichen die easyvote-Broschüren als sehr hilfreich oder eher hilfreich beurteilen.
Lieber nur reden
Der abschliessende Hinweis, dass die Mitglieder des Gemeinderates «aber für Gespräche über politische Fragen oder konkrete Projekte» zur Verfügung stünden, ist ein schwacher Trost und gilt sicherlich nicht als ernsthafter Beitrag, «die Generation der Jungen für politische Themen zu sensibilisieren und sie damit zu beteiligen».
Jugendpolitik bleibt ein ziviles Engagement
Die Position von uns Jungen in der Politik zu stärken, bleibt eine grosse Herausforderung – die Umsetzung dieser Petition wäre ein Schritt gewesen, welcher auf unsere Generation eine grosse Wirkung hätte entfalten können. Es ist ernüchternd festzustellen, dass die «alten» in der Politik, zu wenig Bereitschaft haben, Jugendpolitik zu fördern. Die Jugend bleibt eine politisch stark unterrepräsentierte Gruppe und das obwohl in der heutigen, sich rasch wandelnden Zeit die zukunftsgerichtete und langfristige Perspektive unserer Generation besonders wertvoll wäre. So bleibt Jugendpolitik mehrheitlich ein ziviles Engagement der Jugend selbst: Schritt für Schritt müssen wir unsere Position in der Gestaltung der Gesellschaft immer wieder neu mit Jugendbewegungen wie dem Klimastreik, Jungparteien oder Jugendparlamenten erstreiten. Doch die Hoffnung bleibt, dass es irgendwann gelingt, doch noch die starre formale Politik zu durchbrechen und vielleicht tatsächlich auch (wieder?) einmal Personen unter 30 Jahren unsere Generation in öffentlichen Ämtern von Pfäffikon direkt vertreten.
Die Antwort des Gemeinderates hier im Wortlaut.